Welterbe Pfahlbauten

Pfahlbau-Fundstellen in Bayern

Auf Betreiben des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege gelangten mit der Entscheidung der UNESCO, die prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen als neues Welterbe zu benennen, auch drei bayerische Fundorte – Pestenacker, Unfriedshausen und die Roseninsel – auf die Welterbeliste. Bestens konserviert im Grundwasser einer kleinen Bachaue bei Landsberg am Lech und in den Gewässern des Starnberger Sees liegen dort archäologische Zeugnisse unterschiedlichster Zeitstellung verborgen. Doch alles in allem scheint die Region zwischen dem Bodensee im Westen und dem Chiemgau im Osten von der Pfahlbauidee nur gestreift worden zu sein. Insgesamt kennt man bayernweit nicht mehr als ein halbes Dutzend Fundplätze mit variierenden, feuchtbodenspezifischen Erhaltungsbedingungen.

Die älteste Fundstelle im bayerischen Voralpenland

Erst zu Beginn des 4. Jahrtausend v. Chr. ließen sich Menschen auch im bayerischen Voralpenland in direkter Gewässernähe nieder. Zu einem Zeitpunkt also, als sich die so genannte „Pfahlbauidee“ in den benachbarten, voralpinen Landschaften bereits seit mehreren Jahrhunderten etabliert hatte. Die stark erodierten Überreste der ältesten Pfahlbaustation im Freistaat liegen auf einem unterseeischen Moränenrücken vor dem Nordostufer des Starnberger Sees bei Kempfenhausen. Untersuchungen der Bayerischen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie belegten eine kurze Bautätigkeit zwischen 3728 und 3719 v. Chr, das heißt am Beginn der Altheimer Kultur, einer Erscheinung des bayerischen Jungneolithikums. In Kempfenhausen konnten einige der ältesten Metallfunde Bayerns gemacht werden. Gefertigt waren sie aus arsenhaltigem Kupfer, dass Lagerstätten in der Mondseeregion im österreichischen Salzkammergut zuzuweisen ist. Vermutlich nahm Kempfenhausen eine Zwischenstation im jungneolithischen Distributionssystem des wertvollen Kupfers ein. Verhandelt wurde es von der Mondsee Gruppe im Osten in Richtung der Pfyn-Altheimer Gruppe im westlich benachbarten Oberschwaben und darüber hinaus bis an die Ufer des Boden- und Zürichsees. Der Kupferreichtum und die isolierte Lage der Pfahlbaustation mitten im See lassen einen gewissen Wohlstand und ein damit verbundenes Schutzbedürfnis der damaligen Siedler erkennen. Pollenanalysen belegen, dass sich die örtliche Vegetation im 38. Jahrhundert v. Chr. noch ohne Beeinflussung durch den Menschen entwickeln konnte. Womöglich gelangten die Bewohner von Kempfenhausen demnach zunächst als Einwanderer aus einer der oben aufgeführten Kulturgruppen an den Starnberger See, wohin sie auch die Pfahlbauidee mitbrachten.

Weitere Siedlungen

Etwas später sind die anderen, allesamt ebenfalls altheimzeitlichen, Feuchtbodensiedlungen anzusetzen, die bisher in Bayern entdeckt wurden. Sie entstammen in etwa der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr., also der fortgeschrittenen Altheimer Kultur. Neben den zwei niederbayerischen Fundstellen Ergolding-Fischergasse und Essenbach-Koislhof im Landkreis Landshut sind hier vor allem die beiden benachbarten Siedlungen Pestenacker und Unfriedshausen im Loosbachtal bei Landsberg am Lech im westlichen Oberbayern zu nennen. Während die niederbayerischen Fundorte im unteren Isartal – einer fruchtbaren Altsiedellandschaft im Herzen des Verbreitungsgebietes der Altheimer Kultur – nur noch partielle Feuchtbodenerhaltung aufweisen, konnten bei Grabungen des Landesamtes für Denkmalpflege in den letztgenannten Fundorten zahlreiche Informationen zur jungsteinzeitlichen Lebenswelt gewonnen werden.

Gemeinsamkeiten der bayerischen Feuchtbodensiedlungen

Gemein war den bayerischen Feuchtbodensiedlungen ihre Lage in den nassen Talauen kleinerer Bäche. In den feuchten Niederungen hielt man Vieh, auf den gerodeten Anhöhen über dem Talgrund wurde dagegen Ackerbau im fruchtbaren Lössboden betrieben. Über Bohlenwege waren die Siedlungen und die umgebenden Agrarflächen miteinander verbunden. Ebensolche Wege verliefen durch die mit Flechtwerkzäunen umfriedeten Dorfareale. Beiderseits davon gruppierten sich kleine, zweigeteilte Wohnstallhäuser. Oftmals waren diese Siedlungen mehrphasig, jedoch nur einige Jahrzehnte lang besiedelt. Ihrer Lage in einer dauerfeuchten Umgebung ist es geschuldet, dass die Lebensdauer der hölzernen Bauten nur wenige Jahre betrug. Für die altheimzeitlichen Siedlungskammern – auch jene auf Mineralböden - ist es bezeichnend, dass sich dort über einen längeren Zeitraum hinweg regelrechte Cluster aus zeitgleichen und auf einander folgenden Filial- oder Schwestersiedlungen bildeten. Spätestens mit dem Ausklingen der Altheimer Kultur um 3400/3300 v. Chr. verschwanden auch die bayerischen Gewässerrandsiedlungen wieder von der Bildfläche. Offenbar blieb die Pfahlbauidee auf diese Kulturgruppe beschränkt.

Die Roseninsel im Starnberger See

Eine Ausnahme stellte die Roseninsel im Starnberger See dar. Nur diese bayerische Seeufersiedlung war in den Metallzeiten besiedelt. Neben bronze- sowie urnenfelderzeitlichen Siedlungsspuren vor Ort sind insbesondere Befunde und Funde aus dem 5. Jh. v. Chr. bemerkenswert, welche die Roseninsel zu einem singulären Fundpunkt auf der jüngereisenzeitlichen Landkarte Mitteleuropas machen. Nördlich des Alpenhauptkammes nahm die Pfahlbauidee mit dem Ausklingen der Urnenfelderzeit und dem Klimawandel vom trockenen, warmen Subboral zum feuchtkalten, niederschlagsreichen Subatlantikum im späten 9. Jahrhundert v. Chr. üblicherweise ihr Ende. An der Roseninsel hingegen lässt sich eine eisenzeitliche Seeufersiedlung nachweisen, deren Belegung rund 300 bis 400 Jahre später anzusetzen ist.

Warum gibt es in Bayern nur so wenige Fundstellen?

Prähistorische Seeufersiedlungen sind im Freistaat bislang nur in natürlichen Insellagen nachweisbar. Zudem ist der Starnberger See das einzige voralpine Gewässer in Bayern, an dem der sichere Nachweis einer derartigen Siedelweise gelang. Sein Wasserhaushalt reguliert sich fast ausschließlich über Niederschläge und das Grundwasser. Daraus folgt, dass sich der Pegelstand nur langsam ändert, was dem Siedeln am Seeufer natürlich zuträglich war. Warum Feuchtboden- und Pfahlbausiedlungen im bayerischen Voralpenland größtenteils fehlen, ist derzeit noch unklar. Wahrscheinlich zeichnen hierfür sowohl die archäologische Realität und die standortspezifischen Erhaltungsbedingungen als auch ein unzureichender Forschungsstand verantwortlich. Nach den Entdeckungen der ersten Pfahlbauten Mitte des 19. Jahrhundert in der Schweiz und in Südwestdeutschland blieben bayerische Fundmeldungen weitgehend aus, was zu einem raschen Ende der Pfahlbaueuphorie führte. Bis zum heutigen Tage hat sich an diesem Zustand kaum etwas geändert, trotz verschiedenster Prospektionsbemühungen in den vergangenen 20 bis 30 Jahren.

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